Das Element ERDE: Oft übersehen, vernachlässigt, aber leider zentral!

Der Sommer geht. Die Luft brennt nicht mehr. Sie ist warm, angenehm, wohlig, lau. Es entsteht ein warmer tief-gelblicher Schimmer. Er wird gefärbt von satten, vollen Getreidefeldern, die sich über den Horizont erstrecken und der warmen, energievollen Sonne des Spätsommers. Die Äste der Obstbäume hängen schwer, üppig bewachsen mit reifen Äpfeln, Birnen oder Pflaumen. Es ist Erntezeit. Es gibt genug von allem. Die nährstoffhaltige, feuchte und lockere Erde versorgt uns, umsorgt uns. Sie ist die Grundlage unseres Daseins. Mutter-Erde.

Mit den beiden Organsystemen Milz und Magen nehmen wir die Nahrung in uns auf. Nähren uns. Die Milz, sie ist unsere zentrale Instanz für die Produktion von Energie (Qi) aus der Nahrung. Körperfremdes wird zu Körpereigenem gemacht. Unter diesem Aspekt wird es wohl nicht mehr überraschen, dass unser Intellekt und unsere Auffassungsgabe der Milz zugeschrieben werden. Sie gibt uns die Gabe, aus vielen unterschiedlichen Informationen und Meinungen auszuwählen, um nur jenes uns zu eigen werden zu lassen, womit wir bei uns selbst bleiben können. Die Milz stellt den klaren Gedanken bereit. Was macht wohl ein ständiges Überangebot an Informationen, wie wir es durch unsere Smartphones gewohnt sind, mit unserer Mitte?

Der Magen ist die Quelle der Flüssigkeiten. Alle Nahrungsflüssigkeiten werden im Magen extrahiert. Um gut arbeiten zu können braucht er Regelmäßigkeit und Zeit.

Die Erde ist zentral. Sie steht in der Mitte aller Elemente. Dem Holz im Frühling, dem Feuer im Sommer, dem Metall im Herbst und dem Wasser im Winter. 18 Tage jeder Jahreszeit werden ihr anvertraut um zu regieren (vgl. Su Wen Kap. 29).

Die Erde in uns gestaltet Übergänge. Sie ist der so oft vernachlässigte Alltag. Der tägliche Übergang vom Erwachen zum Aufstehen am Morgen, die tägliche Fahrt zur Arbeit bis zum Angekommensein dort und umgekehrt. Sie ist die Zeit der Zubereitung des Frühstücks, des Mittagessens, des Abendessens. Und natürlich die Nahrungsaufnahme an sich. Sie ist aber auch die Verbindung aus einer Lebensphase in die nächste. Sie verbindet uns als Individuum mit der Gruppe. Das erdige in uns ist sozial, gemeinnützig, hilfsbereit. Unsere Lebensphase mit der stärksten Erdenergie, oder auch der am stärksten geforderten Erdenergie, ist die Phase der Einrichtung, dem „Ansässig-Werden“, dem Familie-Gründen. Wir geben, halten, nähren.

Die Erde in uns möchte Antworten finden auf Fragen wie

  • Wer gibt mir die Unterstützung, die ich brauche?
  • Wie kann ich genährt werden?
  • Wie kann ich meine Mitte finden und mich stabilisieren?
  • Wie kann ich von der Welt das bekommen, was ich brauche?
  • Wer versteht mich wirklich?
  • Wie kann ich mich zugehörig fühlen?

Ist die Erde in uns im Gleichgewicht, finden wir dieses in ruhigem, logischem Denken, das sich ungehindert in praktisches Handeln umsetzen lässt, und in einer standhaften, stabilen und freundlichen Persönlichkeit, die mitfühlt, unterstützt und sich um andere kümmert, ohne in deren Leben zu sehr einzudringen (vgl. J. Ross, Akupunkturkombinationen, S. 46). Bildlich gesprochen ist unsere Erde weder zu trocken, noch zu nass. Sie gibt uns einen stabilen und fruchtbaren Untergrund.

Ist die Erde aber zu trocken, fehlt es an Säften, oder aber sie ist zu feucht, zu sumpfig, ohne Stabilität, können sowohl körperliche als auch geistige Phänomene diese Dysbalance zeigen. Blähungen, Durchfälle, Heißhunger oder Appetitlosigkeit, Übergewicht oder Untergewicht, Ödeme (Wassereinlagerungen), Aphten im Mund, trockene Lippen und vor allem Müdigkeit sind erste Anzeichen.

Auf der emotionalen Ebene können sich beispielsweise Konzentrationsstörungen, Grübeln, Selbstzweifel, übermäßige Sorgen oder Unzufriedenheit zeigen.

Abschließend sei gesagt: Die Milz-Qi-Schwäche ist eine der häufigsten diagnostizierten Syndrome in der Chinesischen Medizin.

Bild: © 123RF.COM


Hitzewelle oder: Die lieben Kinderlein und das Eis

38 Grad im Schatten, die Sonne brennt. Die Hitze drückt vom Himmel herab. Die Stadt ist behäbig, sie schwitzt, sie ist gereizt. Was tun? Der erste Gedanke: Abkühlung! Es gibt zwei Orte an denen die Menschen Erfrischung suchen – Schwimmbäder und Eisdielen. Und wer Kinder hat weiß: EIS ist geliebt und begehrt unter Kindern.

Nein. Dies ist kein Artikel über zunehmendes kindliches Übergewicht. Es ist die Idee von der unreifen kindlichen Energieproduktion. Ich höre nun schon innerlich den Aufruf: „Energie?! Kinder haben doch kein Problem damit genügend Energie zu haben! Im Gegenteil!“ Ja, das mag so sein. Allerdings geschieht ein Großteil der menschlichen Energieproduktion über den Verdauungstrakt. Chinesisch betrachtet über die Mitte. Die Körpermitte. In der Chinesischen Medizin repräsentieren zwei Organsysteme diese Mitte: das ist die Milz mit dem Pankreas (der Bauchspeicheldrüse) und der Magen. Diese beiden Organsysteme haben die ganz große Funktion aus unserer Nahrung die nötige (Lebens-)energie zu extrahieren. Die Milz kann ihre Arbeit am besten unter Wärme und Trockenheit ausüben. Der Magen hingegen bevorzugt es feucht und kühl. Nun sei gesagt, dass die Milz unter einigen weiteren Aufgaben auch für die Umwandlung von (pathologischen) Flüssigkeiten zuständig ist.

Tadaaaaaa: Jetzt kommt unser Eis ins Spiel. Kalt, süß, milchig. Wer den Effekt einer süßen und milchigen Speise einmal austesten möchte, nehme sich ein Stück Vollmilchschokolade und lasse es langsam im Mund „zerschmelzen“. Ich behaupte, die Zunge fühlt sich danach klebrig und schleimig belegt an. Diese entstehende Feuchtigkeit muss anschließend die (unreife) kindliche Milz unter für die Milz widrigen kühlen Arbeitsbedingungen wieder neutralisieren. Das schafft sie auch. In der Regel. Das schafft sie aber nicht mehr, wenn der Konsum an milchigen und zu süßen Nahrungsmitteln bei Kindern (übrigens auch bei Erwachsenen) überhand nimmt. Die Folge ist eine Schwäche der Milz durch chronische Überforderung und eine Ansammlung von Feuchtigkeit im Körper.

Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Schwäche in den Extremitäten, Appetitmangel, Konzentrationsschwierigkeiten, Infektanfälligkeit, Blässe, gehäufte Mittelohrentzündungen, Bauchschmerzen, Blähbauch oder Durchfälle können Anzeichen für einen sogenannten Milz-Qi-Mangel bzw. eine Milz-Schwäche sein.

Hm. Hört sich erstmal wenig erfrischend an. ABER: Milch ist nicht gleich Milch und Süß ist nicht gleich Süß. Es gibt viele Alternativen und vor allem sei gesagt: Es ist immer eine Frage der Menge und des Ausmaßes. Vielleicht beginne man damit beim nächsten Besuch in der Eisdiele einmal das Fruchteis zu testen…

Bilder: © 123RF.COM